Ingress für Geocacher
Bei meinem vorletzten Beitrag zum Thema Ingress und Badges gab es offenbar ein paar Mißverständnisse. Nun, das ist eine gute Gelegenheit, Ingress einmal aus der Sicht des Geocachens zu beschreiben, es gibt einige Parallelen, einige Unterschiede und einige false friends, also Dinge, die nur scheinbar identische, in Wahrheit aber verschiedene Bedeutungen in beiden Welten haben. Also: Ingresss ist ein Augmented-Reality-Spiel, dass ausschließlich auf Smartphones gespielt wird. Das Äquivalent zu Caches sind bei Ingress die sogenannten Portale. Hierbei handelt es sich um reale Plätze in der wirklichen Welt, die bestimmten Kriterien genügen müssen. Poetisch und an die Hintergrundgeschichte von Ingress angelehnt ausgedrückt sind Portale Orte, an denen sich der menschliche Geist in besonderer Weise manifestiert, also Kirchen, Denkmäler, Gedenksteine, Kunstwerke im Allgemeinen, Infotafeln, Museen usw. – der Locationanspruch ist hier also ausgeprägter und irgendein Waldweg, mag er auch noch so schön sein, hat keine Chance, als Portal angenommen zu werden – was nicht heisst, dass es nicht auch sinnlose, sogenannte Fakeportale gäbe, die keine Entsprechung in der realen Welt haben. Der Hauptunterschied zum Cache ist, dass ein Portal klar in der App erkennbar ist und nicht gesucht werden muss, sowie dass ein Portal beliebig oft aufgesucht werden kann, da das Punktesystem bei Ingress ganz anderes funktioniert:
Beim Geocachen gibt es offiziell keine Punkte, viele Cacher interpetieren aber Funde als Punke, andere lehnen das ab. Bei Ingress hingegen wird jede Aktion mit sogenannten Action Points(AP) honoriert, von 10 AP für das Rechargen eines Portals über 750 Punkte für das Zerstören eines Control Fields bis zu 1250 Punkten für das Erstellen eines Control Fields. Dabei gilt generell, dass destruktive Aktionen nur ungefähr die Hälfte der Punkte entsprechender konstruktiver Handlungen ergeben, diese aber trotzdem sehr lukrativ sein können, da man aufgrund der Spielmechanik nur zwei Felder gleichzeitig erstellen, aber eine sehr viel größere Anzahl von Feldern auf einen Schlag zerstören kann. Hier liegt übrigens ein weiterer Unterschied zum Geocachen: Portal gesehen, aber nicht rangekommen ist keine Ausrede dafür, sich Punkte gutzuschreiben, sondern heisst ganz einfach, dass man keine Punkte bekommen hat Die gewonnenen AP sind wichtig für die Entwicklung des eigenen Spielerprofils, weil sie zum Levelaufstieg benötigt werden.
Es gibt insgesamt 16 Level, die in zwei Abschnitte aufgeteilt sind: Lowlevel(1-8) und Highlevel(9-16). Bis einschließlich Level 8 erhält ein Spieler mit jedem Aufstieg eine höhere XM-Kapazität. XM(Exotic Matter) stellt eine Art Lebensenergie dar, jede Aktion kostet XM und wenn die XM auf Null fällt, ist der Spieler handlungsunfähig, bis er wieder XM aufgenommen hat. Je höher das Spielerlevel ist, desto mehr Aktionen kann ein Spieler ausführen, bevor er seine Vorräte aufladen muss, was einen taktischen Vorteil darstellt. Nenen der höheren Kapazität kann der Spieler mit jedem höheren Level auch stärkere Spielgegenstände, sogenannte Items verwenden. Das Erreichen eines höheren Levels kostet wie gesagt AP, bis man Level 8 erreicht hat, der bei 1,2 Millionen AP angesiedelt ist. Danach benötigt man immer noch AP bis zum Endlevel 16, der bei 40 Millionen Punkten liegt Allerdings steigt ab Level 9 nur noch die XM-Reserve, stärkere Items gibt es nicht mehr. Allerdings benötig man neben AP auch noch Badges, womit wir uns wieder ein wenig mehr der Geocachingwelt annähern
Neulich verglich ich die Badges noch mit Souvenirs, aber eigentlich sind Badges mehr mit Challenge-Caches zu vergleichen. Badges gibt es in den Abstufungen Bronze, Silber, Gold, Platin und Onyx und für jeden Level jenseits der 8 ist jeweils eine gewisse Anzahl von Badges bestimmter Farben notwendig. Badges gibt es für eine bestimmte Anzahl von Aktionen, das Erobern distinkter Portale, das Setzen von Links, das Rechargen von Portalen, das Hacken von Portalen uvm. Das Erreichen der benötigten Badges kann übrigens durchaus eine Weile dauern – wir sprechen hier je nach Spielintensität von Monaten bis Jahren Das ist meiner Ansicht nach auch mit ein Grund dafür, dass so viele Spieler, die übrigens als Agents bezeichnet werden, auch noch nach Jahren aktiv sind.
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt ist die soziale Komponente: Man trifft – ähnlich wie beim Geocachen – immer wieder auf neue Leute, mit denen man gemeinsam etwas unternehmen kann und die man sonst niemals kennengelernt hätte. Das schließt übrigens auch die Spieler des gegnerischen Teams mit ein, das gegenseitige Angiften findet in der Regel nur im Chat statt Zudem fördert Ingress kooperatives Spielen, bei zwei Agents, die sich zusammentun, kommt mehr heraus als in der Summe der Einzelaktionen. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, zu kooperieren, ohne nebeneinander zu stehen, ja sogar, ohne sich persönlich zu erkennen. Bei größeren Aktionen können in der Tat Dutzende oder gar hunderte Agents koordiniert vorgehen, die auch hunderte von Kilometern entfernt voneinander spielen Ähnliches ist beim Geocachen eigentlich nur am Dönerstag möglich
Und jetzt etwas, was die Powercacher und Statistiker unter den Geocachern vor Neid erblassen lässt: Die gesamte Welt ist in sogenannte Zellen aufgeteilt und es gibt tagesaktuelle, ofizielle Ranglisten für jede Zelle, die man nicht durch Stempelsharing, raffinierte Definitionen oder das Nachloggen archivierter Portale erreichen kann
Das war ein kleiner Überblick über Ingress, vieles habe ich ausgelassen: Die Hintergrundgeschichte, das konkrete Spielprinzip, das nach einer kurzen Einführung extrem verwirrend für Außenstehende ist (wie das Geocachen), die Probleme mit Spoofern, Rucksäcken und Bots, das ist aber alles meiner Meinung nach nicht wichtig für die vergleichende Einführung, um den es eigentlich geht. Das wichtigste zum Schluss: Ingress ist nicht besser oder schlechter als Geocaching, es ist einfach ein anderes Geogame, das einige Parallelen, aber auch viele Unterschiede aufweist, und es ist auch möglich, beides gleichzeitig zu spielen.
In diesem Sinne: Bis bald im Wald und happy Geogaming!
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